Beschwerde
an die EuropäischeUnionwegen
Rechtswidrigkeit
des Flughafenausbaus unterFederführung
des Vereins Bürgerinitiative gegen Fluglärm in Wien-West
BESCHWERDE
AN DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION
WEGEN VERLETZUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS
ZUSAMMENFASSUNG
Rechtswidrigkeit des Ausbaus des Flughafen Wien Schwechat im Hinblick auf
EU-Recht und in dessen Umsetzung ergangenes österreichisches Recht
Obwohl in unmittelbarer Nachbarschaft zur Stadt Wien gelegen, von dicht
besiedelten niederösterreichischen Gemeinden umgeben und an den
Nationalpark Donau-Auen angrenzend verfolgt der Flughafen Wien Schwechat
seit 1996 ein intensives Ausbauprogramm – Pier West, Verlängerung Piste
11/29, seit 1998 Umsetzung des „Masterplan 2015“: umfassende
Verbesserung und Ausweitung des Pistensystems und der Abstellflächen, Bau
des VIP- und des General Aviation Center, von Parkhäusern, des Handling
Center West, des Air Cargo Center, des Flugsicherungstower, des Office
Center (samt Straßensystem), von Bus Terminals, Erweiterung der Gepäckfördereinrichtungen
und Bau eines vorläufigen Terminals. Derzeit in Errichtung ist ein
gigantischer neuer Terminal „Skylink“. Ziel war und ist ein riesiger
Personen- und Frachtumschlagplatz.
In Umsetzung der EU-Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung
(„UVP“) sah das österreichische UVP-Gesetz, in Kraft seit 1. Juli 1994,
eine UVP-Pflicht für die „Erweiterung von Pisten“ vor. Die im Jahre
1997 durchgeführte umfassende Erneuerung und Verlängerung der Piste 11/29
(1938 vom NS-Regime angelegt) wurde dennoch nicht einer UVP unterzogen. Als
Folge dröhnen heute Flugzeuge aller Größen und Arten, einschließlich
riesiger Jumbojets, im Tiefflug in immer steigender Zahl über Wiener
Stadtgebiet und niederösterreichische Wohngebiete.
Seit der UVP-Gesetzesnovelle 2000 sind Kapazitätssteigerungen von Flughäfen,
die eine Erhöhung der Anzahl der Flugbewegungen um 20.000 (in einem
Prognosezeitraum von 5 Jahren) erwarten lassen, UVP-pflichtig. Bei der
Beurteilung der UVP-Pflicht ist die Summe der Kapazitätserhöhungen, die
innerhalb der letzten fünf Jahre genehmigt wurden, zuzüglich der
beantragten Kapazitätsausweitung heranzuziehen. Real stehen Steigerungen
der Flugbewegungen um 42.673 im Zeitraum 1995-2000 und von 63.145 im
Zeitraum 2000-2005 gegenüber.
Trotz UVP-Gesetzgebung seit 1994 und Steigerung der Flugbewegungen um
mehr als 100.000 seit 1995, wurde zum Flughafen Wien Schwechat noch nie eine
UVP durchgeführt.
Anstelle des rechtlich geforderten UVP-Verfahrens wurde 2000-2005 ein „Mediationsverfahren“
im rechtsfreien Raum abgehalten, in dem eine neue Verteilung der bestehenden
Belastungen sowie die Aufteilung der zukünftigen Belastungen beschlossen
wurde. Während eine Hotline, zahlreiche Politiker und Behörden den
belasteten Bürgern die Verbesserung durch die „Mediation“ versprachen,
konnte der Flughafen unbehelligt gezielte - und erfolgreiche - Marketingmaßnahmen
verwirklichen und die Kapazitäten massiv ausbauen (Geschäftsbericht 2005
der Flughafen Wien AG: „Allein in den Jahren 2004 und 2005 wurden in Summe
EUR 504,4 Mio. in den Ausbau des Standorts investiert, womit ein Großteil
der Vorhaben bereits umgesetzt werden konnte.“).
Keine der verantwortlichen wiener und niederösterreichischen Behörden,
auch nicht die Umweltanwaltschaften, sorgte für die Einleitung eines
UVP-Verfahrens. Dies kann am ehesten dadurch erklärt werden, dass Wien und
Niederösterreich Hauptaktionäre der Flughafen Wien AG sind und
gleichzeitig den für die Durchführung einer UVP verantwortlichen Beamten
gegenüber rechtlich oder faktisch weisungsbefugt sind.
Mehr noch, für den geplanten Bau einer 3. Piste ist zwar erstmals ein
UVP-Verfahren angekündigt, die verantwortlichen Behörden haben jedoch
bereits in der „Mediation“ erklärt, dass sie keinerlei Schritte setzen
werden, die das UVP-Verfahren verzögern könnten, und insbesondere keine
Rechtsmittel erheben werden. Somit haben jene Behörden, deren Aufgabe es
ist, die Interessen der Bürger zu schützen, vorab erklärt, diese Bürgerinteressen
in der UVP nicht wahrzunehmen.
Betroffene Bürger haben nach innerstaatlichem österreichischen Recht
keine Möglichkeit, die Einhaltung der UVP-Pflicht einzufordern. Dies steht
in direktem Widerspruch zu Artikel 10a der UVP-Richtlinie in der Fassung der
Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie und ermöglicht die beschriebene Behördenwillkür.
Dazu kommt, dass der Flughafen an den Nationalpark Donau-Auen grenzt, der
ein Gebiet von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne der FFH-Richtlinie
ist. Dennoch wurde für keine der bislang erfolgten Ausbaumaßnahmen eine
Naturverträglichkeitsprüfung durchgeführt.
Verein Bürgerinitiative gegen Fluglärm in Wien West
Wien, im Oktober 2006