Die Hälfte der Klimafolgen ist auf Fahrten von mehr als 100 Kilometern zurückzuführen.
Zwei Drittel der verkehrsbedingten Erwärmung verursacht die Mittelklasse und zwanzig Prozent das reichste Zehntel der Bevölkerung,
berichtete ein Forscherteam um den norwegischen Umweltforscher Borgar Aamaas.
"The climate impact of travel behavior: a German case study with illustrative mitigation options" von Borgar Aamaas und Kollegen
ist in der Fachzeitschrift "Environmental Science and Policy" erschienen .
Ausgangspunkt ihrer Studie war eine Befragung zum Verkehrsverhalten von rund 50.000 Haushalten in Deutschland.
Die so ermittelten jährlichen Fahrten wurden auf die langfristige Klimaerwärmung umgerechnet.
Die Daten sind auch auf Österreich übertragbar, wie Jens Borken-Kleefeld vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse in Laxenburg gegenüber science.ORF.at sagte.
Im Gegensatz zu Autofahrten werden im Flugverkehr meist große Distanzen zurückgelegt - oft mehr als 1.000 Kilometer. In Summe ist daher die langfristige Erwärmung,
die durch die durchschnittlich zwei Flugreisen einer Person im Jahr verursacht wird, in etwa so groß wie die ihre gesamten Autofahrten in diesem Zeitraum.
Der Pro-Kopf-Kilometer eines Flugreisenden ist doppelt so klimaschädlich wie jener von Autoreisenden, so Borken-Kleefeld.
Im Schnitt fahren die Deutschen 13.500 Kilometer im Jahr pro Auto - wobei es bei der reichsten Bevölkerungsschicht mit
20.000 Kilometern rund doppelt so viele sind wie bei der ärmsten.
Die Tendenz gibt es auch beim Fliegen: "Aus den Befragungen wissen wir, dass Personen aus reicheren Haushalten häufiger mit dem Flugzeug verreisen und
weitere Strecken zurücklegen", so Borken-Kleefeld. Konkret sind es bei ihnen sieben Flüge pro Jahr, während die Mittelschicht zweimal ins Flugzeug steigt
und es sich bei der unteren Einkommensschicht nur jeder Zweite einmal pro Jahr leisten kann.
"In der Folge trägt das wohlhabendste Zehntel der Bevölkerung etwa 20 Prozent zur verkehrsbedingten Erwärmung bei.
Mit zwei Drittel hat aber die breite Mittelklasse den größten Anteil daran", so der Umweltforscher. Für ihn durchaus überraschend,
denn dadurch sei bewiesen, dass tatsächlich eine große Mehrheit ihr Verhalten ändern müsse, wenn sich in Sachen Klimapolitik etwas ändern soll.
Für Verkehrspolitik und persönliches Verhalten gebe es drei große Einflussfaktoren: Die relativ wenigen weiten Reisen haben den größten Anteil
an der verkehrsbedingten Erwärmung. Jede Änderung auf diesem Sektor kann diese Situation wesentlich beeinflussen. Darüber hinaus ist wesentlich,
wie oft das Flugzeug genutzt wird und welchen Durchschnittsverbrauch der genutzte Pkw hat.
Gefragt sei nun die Politik, meint Borken-Kleefeld. "Bisher hat sie v. a. freiwilligen Verzicht propagiert, Folgeschäden wurden nicht in den Preisen gespiegelt.
Sie sollte daher Preissignale zur Lenkung des Verkehrs aussenden und den öffentlichen Verkehr noch attraktiver gestalten."
Lukas Wieselberg, science.ORF.at